Sage ´DIE IGLER TEUFELSMASKEN´

Früher war der Brauch, daß am Aschermittwoch zwölf Burschen aus Igls in Teufelscostümen und mit Teufelslarven nach Ellbögen giengen und dort allerlei Unfug trieben. Es waren aber in Ellbögen drinnen immer dreizehn statt zwölf; der dreizehnte war der Teufel selber.

Der hat nun die erstaunlichsten Künste aufgeführt, und die Buben wollten nicht zurückbleiben; daher erkannte man die Anwesenheit des Teufels geschwind, wenn die Burschen so rasend sprangen, wie es sonnst kein Mensch vermag; sie sprangen sogar über die Dorfbrunnensäule hinweg. Immer aber kam einer zu wenig heim nach Igls, weil einen der Teufel mitnahm.

Da steckten sie nun, um nicht geholt zu werden, geweihte Asche und geweihtes Salz in die Stiefel. Weiß nicht, ob’s geholfen hat.

Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897, Nr. II /72, Seite 107

Sage ´VOM LANSER SEE´

An der Stelle dieses kleinen Sees, der in der Nähe der Lanserköpfe liegt, stand einst ein schöner Wald, der das Eigenthum eines Bauern war. Ein Edelmann warf sein Auge auf die stolzen Bäume, machte allerlei Rechte auf den Wald geltend und fing endlich einen Prozess an. Da das Recht eine wächserne Nase hat und die Richter den reichen Herrn nicht im Stiche lassen wollten, verlor der Bauer den Wald. Darob ergrimmt rief er: „Eher dass der herrische … den Wald bekommt, soll das Holz in einen See versinken, dass man keinen einzigen Stamm mehr sieht.“ Und sieh ! der Fluch erfüllte sich. Am folgenden Morgen war Wald und Weid verschwunden, und ein See zeigte an dessen Stelle den grünen Spiegel. Auch dieser See soll sehr tief sein. Einmal fuhr ein Bauernbursche auf einem Nachen hinein und wollte die Tiefe messen. Da begann der Kahn zu sinken und der Neugierige war froh, so bald als möglich aufs Trockene zu kommen.

Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 224, Seite 140

DER SCHATZ AUF DER HOHENBURG

Im Schloßhügel von Hohenburg bei Igls nächst Innsbruck liegt schon seit uralter Zeit ein Schatz verborgen, der hat früher manchmal als hoch auflodernde Flamme „geblüht“.

Einmal waren die Leute in der heiligen Nacht in die Christmette nach Igls gegangen, und nur ein altes Weib war in dem Bauernhause bei der Hohenburg zurückgeblieben. Auf einmal sah die Alte das ganze Schloß erleuchtet. Weil ihr das Licht ausgegangen war und sie das Feuerzeug nicht finden konnte, so ging sie zum Schlosse hinüber, um von dort Feuer zu holen.

Sie kam in ein Zimmer und sah eine Frau vor einem Kohlenfeuer sitzen. Sie bat die Frau um Licht, diese lächelte freundlich und trug der Alten auf, die Schürze auszubreiten. Die Bäuerin tat es, und nun griff die Frau in die glühenden Kohlen und warf der Alten ein paar in die Schürze. Das Weib erschrak heftig und schüttete die Glut wieder aus, weil sie fürchtete, daß ihre Schürze verbrenne.

Da seufzte die Frau tief auf und sagte: „Hättest du die Kohlen nach Hause getragen, so wären sie zu Gold geworden und ich wäre erlöst.“ Darauf wurde es wieder finster, und das Weib ging traurig heim.

Quelle: Götter- und Heldensagen, Genf 1996, Seite 592

DAS BERGWERK BEI HOHENBURG

Dieses lag bei Igels, wo noch das Schloß Hohenburg steht. Von der Entstehung dieses Bergbaues wird in einer Chronik folgendes erzählt:

Das genannte Schloß war Eigenthum des Grafen Leonhard Spaur, damals Hofkammerrath und wirklicher k. k. Kämmerer in Innsbruck. Der wirkliche Anfang des Werkes ist in das Jahr 1653 zu setzen. Zu jener Zeit reiste ein aus Venedig zurückkehrender Bäckerbursche, Namens Wintergerst, durch jene Gegend. Er hatte sich einige Jahre im Venetianischen aufgehalten und sich entschlossen, in sein Vaterland nach Schwaben zurückzukehren. So nahm er denn seinen Rückweg über Treviso, Bassano, Trient, Salurn, Bozen, Brixen, Sterzing und kam bis nach Hohenburg, woselbst er Arbeit suchte, da wegen des eingetretenen Winters im hohen Schnee weiter zu kommen schwer und gefährlich war. Er kam zufällig zu günstiger Zeit in Hohenburg an, da der dortige Bäcker vor Kurzem gestorben war und die Witwe keinen Arbeiter hatte, bekam deßhalb auch für den ganzen Winter Arbeit. Er mußte wöchentlich zur Mühle nach Sonnenburg fahren, woselbst er das Mehl für seinen Bedarf, sowie das für das herrschaftliche Schloß abzuholen hatte, und zugleich jedesmal Igls berühren.

Nachdem der Bäckerbursche einige Wochen hindurch nach jener Mühle gefahren, begab es sich, daß ihn einmal die Nacht überfiel, er die rechte Straße verfehlte und nebst Wagen und Pferd über einen hohen Rain in einen Graben hinabstürzte, woselbst er weder vorwärts noch rückwärts konnte, und weil es stockfinster war, die ganze Nacht daselbst zubringen mußte, da weit und breit kein Mensch sich befand, der ihn hätte rufen hören oder ihm zu Hilfe kommen können. Die Kälte war ziemlich streng und er wußte nicht, ob das Pferd durch den Fall nicht auch beschädigt sei; er brachte mithin die Nacht in großer Furcht und Sorge und heftig frierend zu. Zwei Pferdedecken, die er bei sich hatte, schützten noch zum Glücke ihn und das Pferd vor allzu heftigem Frost. Endlich brach der Tag an, vermehrte aber seinen Kummer, da er den Wagen ganz umgestürzt und die darauf gewesenen 8 Mehlsäcke unter demselben liegen sah, und als er nach viel Mühe und Arbeit den Wagen aufgerichtet, fand er dessen Achse zerbrochen, worauf er beschloß, in den nächsten Ort zu reiten und Hilfe zu suchen. Kaum war er eine halbe Stunde durch das Thal geritten, so begegnete ihm ein Wildschütz. Dieser fragte ihn, wo er hinaus wolle! Gewiß habe er seinem Herrn das Pferd gestohlen und wolle damit hinwegreiten. Wintergerst aber klagte ihm sein Unglück und bat, ihm Hilfe zu leisten. Der Mann versetzte: „Warte ein wenig, ich will gleich wieder zurück sein.“ Damit gieng er davon, der arme Bursche, froh, Jemanden getroffen zu haben, wartete aber. Kaum waren zehn Minuten vergangen, als sich der Felsen spaltete und derselbe Wildschütz nebst sechs anderen ähnlichen Kameraden heraustrat, worüber Wintergerst heftig erschrak. Der erste Wildschütz aber sprach zu ihm: „Zeige uns den Ort, wo dein Wagen und das Mehl ist, wir wollen dir helfen!“ Der Erschrockene ritt darauf zurück und die sieben Männer folgten ihm. Als sie aber an den Ort kamen, wo der Wagen lag, sah der Bursche, daß schon eine neue Achse an dem Wagen verfertigt und das Mehl aufgeladen war, doch lagen nur sieben Säcke, welche seiner Meisterin gehörten, da, der achte Sack, welcher der Herrschaft gehörte, war fort, worüber der Bäcker neuerlich sehr erschrocken sagte, er getraue sich nicht nach Hause. Der Wildschütz aber sprach zu ihm: „Fahr‘ deines Weges und sage deiner Herrschaft von allen Begebenheiten, welche dir zugestoßen, merke dir auch den Ort, wo du mich mit meinen Leuten hast aus dem Felsen gehen sehen. Dort wird der Graf, wenn er dahinkommt, das Mehl ausgestreut und einen großen Schatz finden. Unterlässestt du aber, dies Alles dem Grafen zu hinterbringen, so wirst du getödtet, wie ich dich schon gestern abends in diese Schlucht hinabgeworfen habe.“ Nach diesen Worten verschwanden alle sieben im Erdboden und ließen den erstaunten Wintergerst zurück.

Dieser fuhr zitternd davon und kam nach einer Stunde nach Haus, wo man ihn schon für verloren gehalten. Er erzählte alles, was ihm begegnet und gieng, eingedenk des Befehles, auch sogleich auf das Schloß, woselbst er dem Grafen die Mittheilung machte. Allein dieser ließ ihn in einen Thurm sperren, mit dem Bedeuten, er werde morgen sich hinausbegeben, um zu sehen, ob dies die Wahrheit, würde sich aber das Gegentheil herausstellen, so solle es dem Burschen schlecht ergehen.

Am nächsten Tage wollte der Graf Alles in Augenschein nehmen. Er ließ für sich und seinen Vetter Grafen Anton von Spaur zwei Pferde satteln, auch sollten vier Diener und zwei Jäger mitgehen, der Bäcker aber als Wegweiser dienen. Als sie nun an den Ort gelangt, wo Wintergerst hinabgestürzt war, sahen sie sieben schneeweiße Tauben auf dem Platze sitzen, welche, als man ihnen nahe kam, gemächlich aufflogen. Man ritt ihnen nach und sie zogen sich nach der Felsenkluft hin, wo am vorigen Tage der Wildschütz mit seinen Gesellen herausgetreten war, und flogen in das Loch im Felsen hinein. Der Graf erblickte dort den Mehlsack, welcher leer war, und sie stiegen alle von den Pferden, um zu berathen, wie sie gefahrlos in die Höhle eindringen könnten. Da sie keine Fackeln bei sich hatten, schickte der Graf rasch einen Diener zu Pferd in das Schloß zurück, um solche zu holen. Als er zurückkam, gab man jedem Diener eine brennende Fackel. Alles nahm Schießgewehre mit und die zwei Jäger wurden am Eingang postirt, um acht zu haben. So zogen zwei Bediente mit Fackeln voran, denen die beiden Grafen und der Bäcker folgten, während zwei andere Diener mit Fackeln den Zug beschlossen.

Sie fanden einen etwa 76 Klafter langen, natürlichen Gang, der sieben Schuh hoch und eine Klafter breit war, und darin das Mehl aufgestreut. Es giengen rechts und links Öffnungen in den Berg, die sie aber nicht betraten, weil daselbst kein Mehl gestreut war; auch hörten sie Wasser rauschen. Als der Gang endete, zeigte sich ein weiter Raum, auch zeigte sich eine Flamme wie ein Blitz. Die sieben weißen Tauben saßen dort auf der Erde, verschwanden aber rasch. Da sie diesen Platz erreicht, fanden sie einen hölzernen Kasten, der mit Gold und Silbererz angefüllt war. Dabei lag ein Stück Baumrinde, auf welcher Folgendes geschrieben war: „Gib Gott die Ehre – arbeite fleißig und beschenke die Bedürftigen, so wirst du allhier einen reichlichen Bergbau ohne große Arbeit und Kosten finden!“

Alles war erstaunt und überrascht, die Grafen selbst nahmen je eine Fackel zur Hand und sahen Gold- und Silberadern das Gewölbe durchziehen. Der Graf ließ nun den Kasten hinausschaffen. Das Erz wurde in das Schloß gebracht, nach einigen Tagen in der Münze zu Hall probiert und dermaßen reich befunden, daß der Centner von diesem Erz 7 Mark Silber und 2 Mark Gold hielt. In Innsbruck erhielt der Graf hierauf die Bewilligung von der kaiserlichen Hofkammer und der Bergdirektion, daselbst einen Bau zu eröffnen, unter der Bedingung der Ablieferung des Zehnten und der Ausfolgung des gewonnenen Goldes und Silbers an das landesfürstliche Münzamt nach Hall zur Ablösung. Da der Bergbau zu Schwaz, welcher damals dem Herrn von Rottenburg gehörte, zu derselben Zeit aufgelassen worden war, nahm er zwanzig Bergknappen von dort in seine Dienste und begann seinen Bau Anno 1654. Er hatte nicht nöthig, einen Stollen zu öffnen, da der lange Gang von der Natur hiezu passend war, in dem sich auch gewissermaßen Nebenstollen befanden. Er führte den Bau bis 1692 in gleichem Segen fort und lieferte 14 Mark Silber und 4 Mark Gold an das Münzamt nach Hall ab.

Wintergerst, der beständig bei dem Grafen geblieben und von diesem hochangesehen gehalten war, starb während dieser Zeit und wurde auf des gräflichen Herrn Befehl in der Schloßkapelle begraben. Ein schöner Grabstein, der ihm gesetzt wurde, läßt noch die Worte lesen:

Und so erhebet Gott nach seinem Vater Willen
Uns Alle insgesammt, bis wir die müde Fahrt
Auf diesem Unglücksmeer vollbringen und erfüllen;
Und endlich, da indeß die Leiber wohl verwahrt
Geruhet in der Erd‘, an jenem schönen Lenzen,
– Gleichwie die Gerst‘ aufgeht in rauher Winterszeit –
Mit Freuden aufersteh’n und wie die Sterne glänzen
Vor Gottes Angesicht in alle Ewigkeit.
Anno 1692, den 21. August.“

Zwei Jahre darauf starb auch Leonhard Graf von Spaur im 87. Jahre seines Alters, und sein Sohn und Majoratsherr übernahm die Bergwerke, die sich fortwährend erträgnißreich zeigten; es wurden von ihm neue Schächte und Gruben gebaut und die Bergleute bis auf fünfzig Köpfe vermehrt. (Nach einer Chronik in der Meraner Zeitung.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 609, Seite 343